- akkreditierte Fortbildung
Das Spektrum der Szenarien die traumatisierend wirken können ist groß. Die Menschen in meiner psychotherapeutischen Praxis haben in der Regel keine Großschadensereignisse, wie bspw. gewaltige Naturkatastrophen, Vertreibung, Flucht oder Kriege mit- bzw. überlebt. Meist berichten sie von, im drastischen Gegensatz zu ihrem Erfahrungsschatz, unvorhersehbaren, tiefgreifenden, irritierenden und verstörenden zwischenmenschlichen Erfahrungen mit hohem Bedrohungspotenzial und fehlenden Möglichkeiten diesen zu begegnen. Der Verlust eines geliebten Menschen, plötzlicher Kontaktabbruch in der Verliebtheitsphase beim Online-Dating, körperliche Übergriffe zählen ebenso dazu, wie verbale Gewalt, die Kündigung des sicher geglaubten Arbeitsplatzes, der Ausbruch einer schweren Krankheit oder die gesellschaftliche Ausgrenzung aufgrund der sozioökonomischen Situation.
Im Zentrum eines jeden Traumas lebt der intensive Schmerz, steht ein radikaler Verlust und die Erfahrung, dass das Vertrauen in andere und in sich selbst zutiefst erschüttert wurde. Traumata haben zerstörerische Wirkung auf Lebensannahmen und Vertrauensempfindungen und das Ertragen des Unfassbaren hinterlässt weit mehr als lediglich blaue Flecken auf der Seele.
Nach dramatischen Erfahrungen und mit schwerem Gepäck beladen kommen die Menschen, meist mit dem tiefen Wunsch Vertrauen, Zuversicht und Verbundenheit zurückzugewinnen, in unsere Praxen. Der kurative Prozess stellt an beide Seiten, PatientIn und TherapeutIn, hohe Anforderungen. Die PatientInnen suchen entsprechend der spezifischen Erschütterung nach (interaktionellen) Kontrasterfahrungen, konfrontieren uns mit existentiellen Fragen und erwarten auch persönliche Stellungnahmen.
Trauma ist ein vielschichtiges Konzept im Umgang mit dem Unfassbaren und Behandlungsansätze orientieren sich an sehr unterschiedlichen Vorstellungen, wie bspw. Heilung, Potentialentfaltung, Reifung, Stärkung, Befreiung oder Trotz. Der Kern all dieser stark metaphorisch geladenen Botschaften scheint mir zu sein, auf eine positive, Hoffnung gebende Veränderung, in Richtung Lebens- und Beziehungsfähigkeit abzuzielen und zu vermitteln, dass es weitergehen kann und muss.
Inhalte
Bei der aktuell vorhandenen Vielfalt an Übungen und Techniken zur Traumabehandlung, ist das Seminar weniger methodenlastig konzipiert, sondern konzentriert sich auf:
- die Betrachtung und Auseinandersetzung mit den Kernmerkmalen traumatischer Erschütterungen (vgl. z.B. Retzer, A.),
- die Vermittlung von Modellen zum Vertrauensaufbau bzw. den Abbau von Misstrauen, hier bspw. die Beiträge der „Relational Frame Theory“ (vgl. z.B. Hayes, S.). Dabei handelt es sich vorwiegend um Modelle zum Wieder-Vertrauensaufbau nach erlebter traumatischer Erschütterung und auch den Vertrauensaufbau innerhalb der psychotherapeutischen Beziehung.
- Der Zusammenhang von Sprache und Trauma (vgl. z.B. Villatte, M., Butler, J.)
- Die Hinwendung zu existentiellen Perspektiven, wie bspw. Sinn, Hoffnung und Verantwortung in der Psychotraumatologie (vgl. z.B. Rießbeck)
- Ein kurzer Blick in die literarische Kunst (z.B. von Arnim, G., Schmid, W.) und Cineastik (z.B. „Der Schlimmste Mensch Der Welt“, Past Lives“), die für das „Unfassbare“ eine besondere Sprache und Bilder finden, wird ebenfalls nicht fehlen.
…und sollten meinen eigenen, immer noch spürbaren Erschütterungen unserem Seminar positive Impulse geben, dann wären sie nicht umsonst, sondern würden in einem anderen Zusammenhang wieder einen gewissen Sinn für mich ergeben.
Ziele
- Wissenserwerb über Vertrauen und Misstrauen als Lotsen in der Komplexität von Lebens- und Beziehungsgestaltung
- Erarbeitung von Modellen zum Vertrauensaufbau und Abbau von Misstrauen nach dem Trauma und in der PatientIn/TherapeutIn-Interaktion
- Erkennen eigener Verletzlichkeiten und automatischer Reaktionen
- Therapeutische Sprache als Intervention und „Gewaltanwendung“
Methodik
- Powerpoint-Präsentation
- Erfahrungsberichte
- Theorieimpulse
- Fallbeispiele aus der psychotherapeutischen Praxis
- Diskussion
- Kleingruppenarbeit
- Hinweise auf themenspezifische Literatur, TV-Beiträge und Kinofilme
- Selbsterfahrungsanteile
Zielgruppe
Psychotherapeutisch und beratend tätige MedizinerInnen und PsychologInnen, sowie der erweiterte Personenkreis, der im therapeutischen Kontext bzw. beraterischen Kontext, oder im Bildungs- und Sozialwesen tätig ist und an einer Erschließung des weiten Gebietes von Trauma und Traumabehandlung Interesse hat.
Kurs-Highlights
- Auseinandersetzung mit Kernmerkmalen traumatischer Erfahrungen
- Neugierige Erkundung oft verborgener existentieller Themen im Trauma
- Möglichkeiten der Transformation der unfassbaren Erschütterungen im Kontext literarischer und cineastischer Kunst
Dozent
Christian Flassbeck
Dipl.-PsychologeTermin
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